Rede auf der Kundgebung für den Walderhalt am 25.02.23 auf dem Platz der alten Synagoge

Rede auf der Kundgebung zum Erhalt des Dietenbachwaldes vom Aktionsbündnis Hände weg vom Dietenbachwald am 25.02.23 auf dem Platz der alten Synagoge.

Um es kurz vorwegzunehmen- wir protestieren nicht gegen den neuen Stadtteil, sondern für den Erhalt des Waldes für die zukünftigen Bewohner des Stadtteils genauso wie für alle Freiburger.

Sozialer Wohnungsbau und Walderhalt geht zusammen und sollte nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Auf einer Fläche von 152 ha soll der neue Stadtteil gebaut werden.

Da muss es doch möglich sein auf die Rodung 4 ha artenreichen Mischwaldes zu verzichten. Man müsste nur umplanen und auf 3 {e219735a2efe1d588973d8940777cdea9531fbc7d95a30ff673df2609a90ffac} der Fläche verzichten- liebe sogenannte Green City Freiburg.

Oder muss es mittlerweise heißen Green washed City?

Stadtverwaltung und Gemeinderat müssen nur wollen!

Ungefähr 3500 wertvolle alte Bäume sollen gefällt werden. Das ist die Anzahl dieser hier auf dem Platz der alten Synagoge abgelegten 35 Weihnachtsbäume mal 100! Jeder Baum zählt!

Jeder Baum ist Lebensraum für viele Tierarten.

Heute haben wir weltweit zwei Drittel weniger Tiere als noch 1970.

Im selben Zeitraum ist allein in Deutschland die Anzahl der Insekten um 75 Prozent eingebrochen.

Noch bis vor wenigen Jahren hat die Feldlerche im benachbarten Naturschutzgebiet Rieselfeld regelmäßig gebrütet. Sie ist als Brutvogel bereits verschwunden. Wieviele Arten sollen ihr noch folgen?

Wir leben in einer Zeit des Artensterbens unvorstellbaren Ausmasses. Auch hier

bei uns im Wald leben seltene Tierarten. Wir dürfen nicht nur mit erhobenem Zeigefinger auf Länder zeigen auf deren Fläche Regenwald steht.

Ich zitiere aus dem offiziellen Bericht des 26. Flächennutzungsplan Freiburg-Dietenbach:

Für folgende im Gebiet vorkommende Tierarten ist kein Ausgleich möglich, d.h. durch Ausgleichsmaßnahmen:

Bechsteinfledermaus, Wasserfledermaus, Zwergfledermaus, Kleinsegler, Abendsegler,

Sperber, Kuckuck, Waldkauz, Grünspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht, Kleinspecht, Pirol, Goldammer und Schwarzkehlchen.

Singen die Kinder, die im neuen Stadtteil aufwachsen, dann im Zukunft „Keine Vögel sind mehr da?“

Wir bemerken bereits jetzt jeden Tag die Klimakatastrophe weltweit, aber auch bei uns.

In Frankreich hat es seit 31 Tage nicht geregnet, jetzt in einer regenreichen Jahreszeit.

Schlittenfahren und Schneeballschlacht- für unsere Kinder inzwischen eine Sensation.

Dafür können sie im Sommer in der Dreisam spielen ohne nasse Füße zu bekommen.

Jedes Jahr gibt es neue Hitzerekorde.

Die Dürre lässt große Teile unserer Wälder sterben.

Viele Bäume im Schwarzwald sehen so aus wie unsere alten Weihnachtsbäume hier.

Und dann soll ein intakter Wald gerodet werden.

Wie- frage ich- kann der neue Stadtteil Dietenbach klimaneutral sein, wenn dafür 3500 Bäume als Speicher von Co2 gefällt werden sollen?

In Europa herrscht die Meinung vor, dass Klimaschutz ja durchaus wichtig ist, aber gerade nicht jetzt und nicht hier.

Wann wenn nicht jetzt, Wo wenn nicht hier hier und Wer wenn nicht wir?

Wir müssen endlich konsequent in der Klimakrise handeln und die Stadt Freiburg könnte unter anderem beim Dietenbach-Wald zeigen, dass sie sich selbst an ihr eigenes Klima-und Artenschutzmanifest hält. Oder ist das nur Geschwätz von gestern?

2019 hat die Stadt Freiburg wörtlich beschlossen: Der Gemeinderat erklärt die Eindämmung der Klimakrise und des massiven Artensterbens sowie deren schwerwiegende Folgen als städtische Aufgaben von allerhöchster Priorität.

Hier ein Aufruf an die Stadtverwaltung und an den Gemeinderat:

Handelt entsprechend.

Erhaltet den Dietenbach-Wald.

Zeigt, dass das nicht nur leere Worte sind.

Auch als Menschenschutz muss der Wald erhalten bleiben- In der renommierten medizinischen Fachzeitschrift Lancet wurde jüngst eine Studie veröffentlicht, dass durch eine Verdoppelung der Bäume in europäischen Städten ein Drittel der hitzebedingten Todesfälle vermieden werden können.

Das Rieselfeld gehört bereits jetzt zu den Hitze-Hotspots Freiburg. Das wird für Dietenbach nicht anders sein. Wie soll das werden, wenn der kühlende Wald gerodet wird.

Oder ist Lebensqualität für sozialen Wohnungsbau nicht notwendig?

Spannenderweise hat eine Studie der Universitäten Leipzig und Jena von 2020 ergeben, dass Menschen umso seltener unter Depressionen leiden, je mehr Bäume sich in unmittelbarer Umgebung des Wohnorts befinden. Lieber Gemeinderat wie wichtig ist euch die psychische Gesundheit der Freiburger?

Ein gesunder 100 Jahre alter Baum produziert pro Stunde 12000 Liter Sauerstoff. Ein Mensch atmet pro Stunde nur 24l davon.

Wenn ich mit meinen Kindern durch den Dietenbach-Wald im Frühjahr laufe, einem unglaublich schönen Konzert unzähliger Vögel zuhören kann und am Boden die Buschwindröschen blühen,

kann ich deutlich spüren, dass wir und die Kinder des zukünftigen Stadtteils diesen Wald brauchen.

Am ersten und zweiten März entscheidet zunächst das Preisgericht zum Architekturwettbewerb über den Schul- und Sportcampus im neuen Stadtteil Dietenbach. Später entscheidet der Gemeinderat welche Variante umgesetzt werden soll.

Wir vom Aktionsbündnis Hände weg vom Dietenbachwald sind uns sicher:

Schule, Sport und Wald sind vereinbar.

Für Schule und Sport muss kein einziger Baum gefällt werden.

Es muss nur entsprechend geplant werden! Ein Gewinnerentwurf darf nicht auf toten Bäumen geplant sein.

Im Bereich der Waldbesetzung, dort wo die Baumhäuser stehen, sollen in einem späteren Bauabschnitt für die Gärten einiger einzelnstehender Townhäuser Teile des Langenmattwäldchens gerodet werden. Dies für gerade einmal 150 wohlhabende Menschen von 16900, die später dort einmal wohnen sollen. Künstliche Gärten für wenige auf Kosten von Wald für alle.

Vor wenigen Tagen wurden sowohl im Metzgergrün als auch im Baugebiet Kleineschholz wieder viele Bäume gefällt. Wieso kann in der Bauplanung dem Erhalt

von Bäumen nicht mehr Priorität eingeräumt werden?

Wieso kann nicht mit dem Wald geplant werden, anstelle gegen den Wald?

Bis ein neugepflanzter Baum auch nur annähernd den selben ökologischen Wert hat, vergehen Jahrzehnte.

Wir fordern, dass der Gemeinderat, sich an seine eigenen Beschlüsse zum Klima- und Artenschutz hält.

Wir fordern, dass der Wald nicht gerodet wird.

Wir fordern, dass der Dietenbachwald bleibt!

Dieti bleibt!