Die Argumente der Wald-Rodungs-Fraktion……und was wir ihnen entgegen setzen
Argument 1
„Der Wald ist so klein, es kommt nicht auf ihn an!“
Wir sagen:
Der Wald ist für die Tiere dort überlebenswichtig.
Der Wald ist besonders artenreich, 15 Tierarten im Dietenbachwald stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten.
Wenn im Langmattenwäldchen gerodet wird, dann verlieren 7 Vogelarten ihren Lebensraum vollständig, ein Ausgleich vor Ort ist nicht möglich. Dann wird es im Dietenbachwald diese Vögel NICHT MEHR geben:
Kuckuck, Pirol, Waldkauz, Grünspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht und Mäusebussard.
Der Kuckuck ist in Baden-Württemberg stark gefährdet. Wenn wir verhindern wollen, dass er ausstirbt, müssen wir seinen Lebensraum lokal erhalten. Wenn im Dietenbachwald gerodet wird, dann trägt Freiburg aktiv zum Artensterben bei. Wir tragen hier konkret Verantwortung.
Und: Der Wald, auch wenn er klein ist, ist wichtig für die Menschen, die ihn als Kühloase nutzen. Auch die künftigen Bewohner des neuen Stadtteils brauchen ihn.
Argument 2
„Wer gegen die Rodungen ist, ist auch gegen den Stadtteil. Der Wald muss abgeholzt werden, damit Dietenbach gebaut werden kann.“
Wir sagen:
Der Stadtteil kann auch mit dem Wald gebaut werden. Das gesamte Plangebiet ist riesig, es ist 152 Hektar groß. Der Wald, der abgeholzt werden soll, macht nur rund 3% davon aus, es geht um 5 Hektar Wald. Wenn man ihn erhalten will, kann man die Gasleitung und auch die Straßenbahn um ihn herum führen. Diese Straßenbahnvariante liegt der Stadt vor, sie wurde dem Gemeinderat bereits als Variante „1ab“ vorgestellt.
Es kann nicht sein, dass die Existenz des ganzen Stadtteils von 5 Hektar Wald abhängt. Dass beim Bau des Stadtteils gerodet werden soll, ist ein Planungsfehler. Diese Vorstellung, dass wertvoller Wald überplant werden kann, ist nicht mehr zeitgemäß.
Fun Fact: Der städtebauliche Wettbewerb wurde durchgeführt, bevor alle Gutachten zur Artenvielfalt im Dietenbachwald vorlagen. (Bsp.: Wettbewerb Auslobung: 2017; Erfassung Totholzkäfer: 2018 & 2019)
Argument 3
„Der ökologisch wertvolle Kernbereich des Langmattenwäldchens wird erhalten!“
Wir sagen:
Der ganze Wald ist ökologisch wertvoll, es gibt keinen „ökologisch wertvollen“ Teil. Aus den Umweltgutachten geht hervor, dass gerade in den Randbereichen des Waldes besonders hohe Biodiversität herrscht, und wichtige Habitatbäume für Totholzkäfer liegen in der Rodungszone. Die Aussage, es gäbe so etwas wie einen „ökologisch wertvollen“ Teil, ist nicht faktenbasiert. Denn kein Gutachten und keine Fachmeinung kommt zu diesem Schluss.
Argument 4
„Der Waldverlust wird ausgeglichen durch Neupflanzungen von Bäumen.“
Wir sagen:
Der Wald ist ein über Jahrhunderte gewachsenes Ökosystem. Das lässt sich nicht durch die Pflanzung einzelner Bäume ausgleichen. Weder die Artenvielfalt noch die Kühlfunktion bleibt so erhalten. Auch ein neu gepflanzter Wald kann einen alten Wald nicht ersetzen. Der Dietenbachwald ist so wertvoll, weil er reich an Totholz und darum sehr höhlenreich ist. Er bietet Fledermäusen, Totholzkäfern und Höhlenbrütern Lebensraum. Bis ein neu gepflanzter Wald so etwas leisten kann, vergehen viele Jahrzehnte.
Argument 5
„Für alle Tierarten gibt es Ausgleichskonzepte. Die Stadt setzt die Vorschläge aus den Artenschutzgutachten um, so dass die Tiere kaum beeinträchtigt werden.“
Wir sagen:
– Für insgesamt 14 Arten ist kein Ausgleich möglich, sie werden durch die Rodungen geschädigt. Weil das eigentlich verboten ist, hat das Regierungspräsidium eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Die betroffenen Arten sind:
Haselmaus
Sperber
Kuckuck
Waldkauz
Schwarzspecht
Grünspecht
Mittelspecht
Kleinspecht
Pirol
Goldammer
Schwarzkehlchen
Bechsteinfledermaus
Wasserfledermaus
Kleinabendsegler
Abendsegler
Zwergfledermaus
– Sieben Vogelarten verlieren durch die Rodungen ihren Lebensraum im Dietenbachwald vollständig.
Kuckuck, Pirol, Waldkauz, Grünspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht und Mäusebussard werden dann im Dietenbachwald nicht mehr vorkommen!
– Einige Vorschläge aus den Artenschutzgutachten werden NICHT umgesetzt. Zum Beispiel schlägt das Totholzkäfergutachten vor, die Alteichen zu erhalten. Das ist bisher nicht geplant.
Argument 6
„Die Stadtverwaltung ist den Waldschützern schon sehr entgegengekommen, denn eigentlich war geplant, viel mehr Wald abzuholzen. Die aktuellen Rodungspläne sind ein Kompromiss.“
Wir sagen:
Die ursprünglichen Pläne sind an den Einwendungen des Regierungspräsidiums gescheitert. Sprich: Sie wären nicht genehmigt worden, weil sie nicht gesetzeskonform gewesen wären. Die jetzigen Pläne sind also kein Kompromiss, sondern das, was gerade noch genehmigungsfähig ist. Es ist der maximal mögliche Waldverbrauch – und kein Kompromiss.
Argument 7
„Es war doch alles schon beim Bürgerentscheid bekannt, die Mehrheit will es so!“
Wir sagen:
Es wurde über den Stadtteil abgestimmt, nicht über den Walderhalt. Beim Bürgerentscheid war nicht geklärt, wie viele Bäume gerodet werden sollen. Es war bekannt, dass die bestehenden Pläne zur „Inanspruchnahme“ des Waldes geändert werden sollen. In welchem Ausmaß, war allerdings nicht klar. Drei Wochen vor dem Bürgerentscheid (am 1. Februar 2019) schrieb die BZ über ein Gespräch mit Projektleiter Rüdiger Engel:
Außerdem würden Bebauungen und Abstände in Dietenbach so geplant, dass wertvolle Strukturen zumindest in Teilen und damit auch in ihrer ökologischen Funktion erhalten blieben – vor allem das Langmattenwäldchen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass es ökologisch noch hochwertiger sei als zunächst gedacht: “So wie im Entwurf wird es deshalb nicht gehen, da wird es zu Umplanungen kommen.“ (Das Zitat stammt von Rüdiger Engel)
Die WählerInnen wussten also nur, dass in Sachen Wald umgeplant wird. In welcher Weise, war offen.
Argument 8
„Jetzt noch umzuplanen kostet zu viel.“
Wir sagen:
Es ist vernünftig, wenn ein Bauherr die Kosten niedrig halten will. Aber es gibt auch Kosten, die sich nicht direkt in den Finanzen der Stadt abbilden. Wenn wir über Kosten sprechen, müssen wir diese Koste berücksichtigen.- Kosten durch Verlust der Artenvielfalt: Wenn unsere Ökosysteme aus den Fugen geraten, verursacht das Kosten. Wenn Schädlinge keine Gegenspieler mehr haben, wenn bestäubenden Insekten fehlen, dann verursacht das für unsere Landwirtschaft und die ganze Gesellschaft immense Kosten.
– Kosten durch Verlust der Kühl-Oase:
Jeder Mensch, der mit Hitzeschlag in die Notaufnahme muss, verursacht KostenJedes Kind, dem von der Hitze schlecht wird, verursacht Kosten – weil die Eltern es betreuen müssen, statt zu arbeiten
Dies sind reale Kosten, für die wir aufkommen müssen.
Argument 9
„Der Wald ist wertvoller, wenn wir ihn als Nettobaulandfläche benutzen. Wir brauchen das Geld aus dem Verkauf dieser Flächen. Darum können wir nicht auf die Townhouses am Nordrand verzichten.“
Wir sagen:
Der Wert eines Waldes als intaktes Ökosystem mit großer Artenvielfalt ist enorm hoch. Dieser Wert lässt sich nur schwer in Euro umrechnen, aber er ist trotzdem real. Intakte Landschaften sind wichtig für das Wohlbefinden von uns Menschen. Kraftorte wie ein alter Wald tragen maßgeblich zur seelischen Gesundheit einer Stadtbevölkerung bei.Für viele Menschen ist der Dietenbachwald wertvoll als kühler Ort in der Natur. Für religiöse Menschen ist er ein Stück Schöpfung. Und manche Menschen nennen solche Landschaften „Heimat“.Es geht hier um Werte, die unsere Gesellschaft tragen. Wenn man vom Wert des Waldes spricht, muss man diese Werte auch berücksichtigen.
(Zu den monetären Kosten, die der Waldverlust verursacht, siehe auch Argument 8)
Stand 11.07.24